Leserbrief: «Geldhahn auf, Gashahn zu!» von Fraktionspräsident Dominic Schläpfer

Leserbrief zum Artikel über die geplante Stilllegung des Gasnetzes in Schlieren

Der Schlieremer Stadtrat lässt Weihnachten dieses Jahr ausfallen. Vor kurzem hat er sein Budget 2025 mit einem geplanten Ausgabenüberschuss von rund 6 Mio. Franken vorgestellt. Und nun zogen die Chläuse in der Stadt von Tür zu Tür. Statt Mandarinen gab’s für die Einwohnerinnen und Einwohner eins auf die Nuss: Das Gasleitungsnetz soll in Teilen vorzeitig stillgelegt werden. Als Teil der Nettonull-Strategie des Stadtrats, wohlmeinend abgestützt durch die hehren UNO-Ziele. Energiestadt Gold statt Myrrhe und Weihrauch. Schlieren als Vorreiter zur Rettung des Planeten. Die Logos von Wirtschaftskammer, KMU & Gewerbe, HEV und IG Rietbach Schlieren auf dem Einladungsbrief zu den Info-Veranstaltungen im Frühling insinuieren deren Zustimmung - wohl in unzutreffender Weise.

Während z.B. in Deutschland die wirtschaftlichen und sozialen Folgen eines ökonomisch fragwürdigen Ausstiegs aus Band-Energieträgern augenscheinlich werden, gefällt man sich im Rat der sieben Weisen als ökologische Sterndeuter. Die immensen Kosten für den aufgezwungenen Ersatz von unzähligen Gasheizungen, die problemlos noch über Jahre hinaus funktionstüchtig und wirtschaftlich wären, werden die Haus- bzw. Liegenschaftsbesitzer belasten und auf die Mieterschaft überwälzt werden. Teile der für Schlierens Finanzhaushalt zentralen Industrie sollen wo nötig weiter mit Prozessgas versorgt werden. Dies ist richtig und macht eine parallele, weitgehende Gasnetz-Stilllegung zusätzlich fragwürdig und teuer. Nach wie vor zirkuliert in Schlieren ein vor ein paar Jahren angeschafftes städtisches Fahrzeug mit der Aufschrift «Wir heizen natürlich mit Erdgas». 25'000 mit Erdgas betriebene Autos prognostizierte man bei der Inbetriebnahme der städtischen Gastankstelle vor nicht einmal 10 Jahren. Kein Mensch weiss, wie unsere Energieversorgung punkto Gas in naher Zukunft aussehen wird. Not-Gaskraftwerke wie dasjenige in Birr AG lassen grüssen.

Ein funktionierendes Leitungsnetz unwiederbringlich zerfallen zu lassen, ist im Sinne einer diversifizierten Versorgungsstrategie als fahrlässig einzustufen. Das Vorpreschen der Exekutive zeigt exemplarisch, wie wichtig der Verbleib der Entscheidungshoheit über den Energieplan durch das Parlament ist. Die vom Stadtrat geplante Änderung in der Gemeindeordnung sollte vom Stimmbürger abgelehnt werden. Dito gehören Gas-Verordnung und -Reglement hoheitlich in den Gemeinderat. Entsprechende Vorstösse werden wir unterstützen bzw. selber initiieren.

Wir wollen mehr Freiheit, Eigenverantwortung und weniger Staat, pardon Stadt. Sie auch? Sie wissen, wie und wo Sie uns finden. Und zünden Sie an Weihnachten trotz allem ein (Gas-)Licht an.

Dominic Schläpfer
Fraktionspräsident FDP Schlieren